Vor knapp zwei Wochen hab ich gemeinsam mit meinem Kollegen der ersten Stunde Domingos eine der letzten Buchhaltungsbaustellen einen Besuch abgestattet. Es ging nach Cuamba, die mit Sicherheit abgelegenste Stadt hier in Mosambik. Kein Flughafen, kein einziger Strassenkilometer asphaltiert, selbst die Anreise ist eine halbe Weltreise... Unsere Arbeitsagenda war wie ueblich auf drei Tage ausgelegt, das hat bisher ganz gut gereicht um die Installation unserer Buchhaltungssoftware mit den IT-Kollegen durchzufuehren und zu besprechen und anschliessend zwei Tage mit den Buchhaltern und Fuehrungskraeften die an sich schon bekannten Prozederes zu diskutieren.
Aber zu erst mal nach Cuamba kommen...
Samstags gings mit dem Flugzeug direkt nach Nampula, die Hauptstadt des Nordens und schon mehrmaliges Ziel unserer Reisen, da die UCM dort ebenfalls stark vertreten ist (Recht und Erziehungswissenschaften mit knapp 1400 Studenten). Kurz nach der Ankunft wollten wir gleich unsere Weiterreise per Zug arrangieren, aber 45 min nach Schalteroeffnung waren wir schon zu spaet um Tickets fuer die zweite Klasse kaufen zu koennen, ausverkauft. Nach laengerem Hin und Her haben wir uns dagegen entschieden in der Dritten Klasse zu buchen (schliesslich war es keine Touristenfahrt sondern einen Dienstreise und selbst die Kollegen von der Uni haben uns von der Holzklasse abgeraten).
Insofern haben wir halt einen Leertag in Nampula einlegen muessen, der Sonntag war zum ersten Mal ein Tag zur freien Verfuegung in Nampula. Da der hiesige Adminsitrator kuerzlich von Beira nach Nampula versetzt wurde (somit Domingos ehemaliger Vorgesetzter bevor ich ihn ins Rektorat geholt hab) hat er sich sehr gefreut fuer uns Touristenguide zu spielen. Somit haben wir die wenigen Spots in Nampula abgeklappert, das ethnologische Museum und natuerlich die "Feira", den wirklich riesigen Wochenmarkt. Dort wurde mir nach ca. 10 min auch gleich meine Brieftasche geklaut, richtig schoener Taschendiebstahl... Durch eine festere Beruehrung am Arm abgelenkt, 20 Sekunden drauf die obligatorische Kontrolle ob das Geldboersl eh noch in der (vorderen) Hosentasche steckt - und die Ueberraschung dass ebendiese NICHT mehr da ist. Scheisse.
Neben ein wenig Bargeld war meine Aufenthaltsgenehmigung und die Kredit- und Bankomatkarte nun ab Sonntag im Besitz einer Person, die wohl mit letzteren Dingen deutlich weniger anzufangen hat als mit den knapp 100 EUR an Bargeld.
Der restliche Nachmittag war somit mit Meldung an zwei verschiedenen Polizeidienststellen und Rundgaengen auf der Feira verbracht, ob der Typ der mich am Arm gepackt hat noch irgendwo aufzufinden ist. Natuerlich Fehlanzeige, gluecklicherweise hatte ich den Scheck mit den Reisespesen und meinen Pass noch im Hotel, somit hatte ich zumindest genuegen Bargeld fuer die restliche Reise, die dann mangels Zug am Montag (Wartungstag) am Dienstag fortgesetzt wurde, somit kamen die Kollegen in Nampula auch noch in den Genuss uns mal in ihre Buecher gucken zu lassen und Korrekturen durchzufuehren.
Um Punkt 5 am morgen (ja wirklich!) ist der Zug abgefahren, unser Abteil in der zweiten Klasse haben wir um halb 5 bezogen - alte, suedafrikanische Waggons mit sechs Schlafkojen die aber durchaus in Ordnung waren. Ganze elf Stunden dauert die Reise, eine lange Fahrt die jedoch durch eine wunderschoene Landschaft fuehrt, was die Reise kurzweilig machte. Etwa alle zwanzig Minuten haelt der Zug an Haltstellen, die zumeist voller Handelstreibenden bevoelkert ist und allersorts an Gemuese und Fruechten direkt in die Zugfenster verkaufen. Spottbillig im Vergleich zu den Stadtmaerkten, entsprechend schnell fuellt sich unser Abteil im Laufe der Fahrt mit Suesskartoffeln, Maniokwurzeln, Karotten, Zwiebeln und Tomaten. Gluecklicherweise sind keine Huehner dabei, denn wie wir auf einer anderen Tour bereits feststellen mussten kacken die Viecher in kuerzester Zeit jeden Untergrund voll, selbst wenn sie an den Beinen zusammengebunden sind und sich nicht bewegen koennen.
Ueberraschenderweise gabs sogar einen Speisewagen, wo es Brathendl und kuehle Getraenke gab.
Auf halber Strecke dann hiess es warten - die zweite Zugsgarnitur aus der Gegenrichtung ist im Anmarsch und muss an dieser Stelle den unsrigen Zug passieren. Geschlagene 15 Minuten mussten wir warten, genau wie bei der puenktliche Abfahrtszeit kam ich ins Staunen ueber diese doch ansonsten unuebliche Genauigkeit in Fahrplaenen.
Am spaeten Nachmittag kamen wir dann gut in Cuamba an, wurden vom lokalen Administrator abgeholt und in die Unterkunft gebracht. Diese war leider alles andere als angenehm, tropfende Dusche, kein Warmwasser, loechriges Moskitonetz und zu guter letzt kam Domingos nach dem Abendessen nicht mehr in sein Zimmer weil das Schloss kaputt war - unserem Zimmernachbar gings eine Stunde spaeter genauso nur dass er nicht mehr aus seinem Zimmer raus konnte...
Am naechsten Tag buchten wir uns kurzum in ein anderes, kaum teureres Hotel ein in dem zumindest alles halbwegs in Schuss und Funktion war.
Drei Tage Arbeit in Cuamba waren gerade mal ausreichend, der neue Kollege in der Buchhaltung hatte zwar noch keinen Dienstvertrag weil die Personalabteilung wiedermal zu lange braucht, war jedoch schnell in der Materie und bildet ein gutes Team mit dem bestehenden Buchhalter (der zwar keine Buchhaltungsausbildung hat aber dennoch die letzten 6 Jahre als Buchhalter angestellt war). Auch der ITler dort ist ein wiffer Kerl, der eine weitere Primavera-Installation in kuerzester Zeit auf einem zweiten Rechner ohne Anweisung ausgefuert hat wahrend wir unser neues Hotel bezogen haben.
Die Stadt Cuamba allerdings bietet dem Reisenden so ungefaehr gar nix, ausser Staub. Den dafuer im Uebermass, angesichts des bereits erwaehnten Umstandes dass es nur Erdstrassen in der ganzen Umgebung gibt - dafuer aber den Verkehr einer Kleinstadt. Vom Hotelbalkon war das Ergebnis gut sichtbar, am Abend illuminiert die Strassenbeleuchtung die ueber den Strassen haengende Staubglocke dass man glaubt sich in den Linzer Novembernebel verirrt zu haben.
Dennoch hab ich ueberraschenderweise einige Touristen in Cuamba getroffen, wohl mehr als in einem Jahr in Beira - ein Tscheche, der sich mit dem Rad von Kapstadt bis Dar es Salaam durchschlaegt, ein deutsches Paerchen auf der Durchreise zur Ilha de Moçambique und nach der Rueckreise in Nampula traf ich noch einen Franzosen und seine japanische Freundin, die ein interessantes Lebenskonzept gefunden haben. 5 Monate Arbeit in Asien (Thailand, Indonesien) um dort Bademode herzustellen (zu lassen), gefolgt von 5 Monaten Verkauf derselben Produkte in diversen Beachshops in Brasilien. Die restlichen zwei Monate reisen sie herum - alles in allem ein interessantes Konzept Arbeit und Reisen zu verknuepfen...
Schlussendlich war die Reise trotz des Aufwandes (4 Reisetage fuer 3,5 Arbeitstage) eine tolle Erfahrung, die Zugreise erlaubte einige wunderbare Impressionen der Niassaprovinz, die ich natuerlich versucht habe fuer euch einzufangen.
Und arbeitstechnisch wars bisher ebenfalls sehr positiv, heute bekam ich einen Anruf vom Buchhalter, der ein paar Unklarheiten aufklaeren wollte - scheint so als ob wir die letzte Fakultaet ohne Primavera nun ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes auf Schiene gebracht haben.
Viel Spass mit den Fotos, alles Liebe!
Andreas
Ach ja, hier die Fotos:
per Zug nach Cuamba
Cuamba ist eine wirklich afrikanische Erfahrung!
AntwortenLöschenDie Zugfahrt entschädigt für fehlenden Komfort durch wunderschöne Aussicht und vielen nette MItreisenden. Prädikat: Empfehlenswert!