Mittwoch, 21. Dezember 2011

Hallo!

Endlich melde ich mich wiedermal zu Wort! Voller Scham hab ich bermerkt, dass meine Answesenheit hier im Blog sehr rar ist und ihr wahrscheinlich auch gerne wissen würdet, wie es bei mir so läuft, während Andreas ja regelmäßig ausführlich berichtet!

Ja, das mit dem Wort geht hier gar nicht so locker, flockig von meinen fingern, weshalb es zwar viel zu berichten gäbe, es aber meistens schwierig für mich ist dies an eine halbanonyme Halböffentlichkeit zu berichten (man weiß ja nie, wer gerade mitliest). Also erzählen wäre da wesentlich einfacher, als alles in schwarze Zeichen zu meiseln. Ich kann euch nur bitten: skypt mit uns!

Während unserer ersten Periode in Mosambik, hätte ich über zahlreiche Probleme und Schwierigkeiten in meinem Projekt, aber auch über Erfahrungen und kritische Reflexionen über Entwicklungzusammenarbeit – die ja stark meine Projekterfahrung prägte – berichten können.

So weit dies möglich und für euch interessant war haben wir dies ja ausführlich in wunderbaren Gesprächen während unseres Österreichurlaubes nachholen können! Oder eben in Skypegesprächen, die sich dafür besser eignen sich über komplexe Themen auszutauschen. (wie ihr seht, bewerbe ich Skype, denn ich würde wahnsinnig gerne mit euch reden;-)!)

Nun mache ich einen erneuten Anlauf, mich schriftlich zu Wort zu melden, weil ich ja grundsätzlich gerne schreibe und weil ich jetzt, seit ich bei der UCM arbeite, auch fast ausschließlich positives zu berichten habe.

Nennen wir es meine 180° Wende in Mosambik.

Das Leben sieht nun für mich wie auf einen Schlag anders aus. Die Essenz davon: es macht nun auch beruflich Sinn für mich hier zu sein und das stellt alles auf völlig andere – solide – Beine!

Die Uni bietet ein Arbeitsumfeld, was eine kleine, halbambitionierte, mosambikanische zehn-Mann-Oganisation nicht mal annähernd konnte.

Die Uni verschafft mir ein Dire - die langersehnte und absolut notwendige Grundlage der Existenzberechtigung für einen Ausländer in Mosambik, um zu Leben und zu Arbeiten. Die Uni macht das innerhalb von wenigen Monaten, was drei Organisationen für mich in zwei Jahren nicht geschafft haben.

Die Uni hat ein ambitioniertes und talentiertes junges Team. Die meisten Kollegen gehen offen und wertschätzend und mit Neugier auf mich zu. Eine Grundhaltung, die ich bei Muleide vermisst habe. Zugespitzt gesagt war ich dort die Vorzeigeweiße, die man gerne in den Mittelpunkt schiebt, wenn Geldgeber auf Besuch kommen, quasi als vertrauensbildende Maßnahme, ansonsten war ich eben auch da.

Auf der Uni wird gearbeitet. Was besonders erfreulich ist, aber auch hochinteressant, da sich so manche Differenzen in der Arbeitsweise zeigen.

Wie ihr seht, komme ich ins Schwärmen über meinen neuen Arbeitgeber, auch wenn der Alltag immer noch sehr mosambikanisch ist und mit vielen Geduldsproben und Höhen und Tiefen gespickt ist.

Das Maß stimmt jetzt. Und vorallem helfen die stabilen Rahmenbedingungen sehr. Denn die Tiefen fühlen sich jetzt anders an. Sie regen an zur Reflexion, sie lassen mich verwundert den Kopf schütteln und kurzfristig Abstand gewinnen, um anders an die Sache ran zu gehen, jetzt sind sie spannende interkulturelle Begegnung und nicht mehr existenzielle Bedrohung (wie das ständige hadern um eine Aufenthaltsgenehmigung, dass ständige bemühen um eine Etablierung eines Projektes in einer scheiternden Organisation bishin zur Enthüllung der Sinnlosigkeit).

Ja, ich genieße das Leben in Mosambik gerade sehr! Und es ist gut, dass wir noch hier sind! Denn jetzt geht es erst darum die Früchte zu ernten, davor war das nicht möglich. Wenn wir im Juli gegangen wären, dann ohne reiche Ernte, nur mit vielen Erinnerungen an Mühen, die noch nicht in Ergebnisse resultierten. Bei Andreas merkt man das besonders schön, dass er jetzt laufend auf Ergebnisse von seiner Arbeit der letzten zwei Jahre aufbauen kann, die jetzt sichtbar werden und jetzt gibt es bei den Leuten die notwendige Bereitschaft und Erkenntnis, um ihn einen weiteren Schritt zu folgen, der das Ganze nochmal auf eine andere Stufe hebt.

Der Schlüssel ist Zeit! Zwei Jahre sind zu schnell, um in Mosambik schon an ein Ziel gekommen zu sein. Jetzt ist es aber auch unsere Lebenszeit und wir sehen uns das ganze nochmal zwei Jahre an. Keine Angst wir kommen danach zurück nach Österreich! Entwicklungen hier schließen sich nicht so schnell ab und wir werden nicht darauf warten.

Jetzt möcht ich auch noch ein bisschen über meine Arbeit erzählen. Ich bin hier in die einzigartige Situation gekommen bei der Etablierung einer Qualitätsmanagementabteilung an einer Hochschule dabei zu sein. Ich bin mittlerweile Feuer und Flamme für diese Idee, lerne hier aber auch alle Stolpersteine kennen, die so ein Department für Qualitätsmanagement nur haben kann.

Mit Beliebtheit und Wohlwollen ist so eine Abteilung wahrscheinlich nirgends auf der Welt gesegnet, hier in Mosambik versucht man wiedermal ein aus dem Westen kommendes Konzept in die afrikanische Realität einer allerdings westlich-orientierten Uni zu integrieren.

Mein Kollege Brighton, der Koordinator dieser Abteilung, ein Mosambikaner, sehr ambitioniert, sehr belesen, mit nie zuvor in Mosambik gesehener Schnelligkeit, ist dazu auserwählt das alles umzusetzen, was man sich unter Qualitätsmangement vorstellt.

Letzte Woche sind wir gerade an den Punkt angekommen, wo auch für Brighton deutlich wurde, dass es bezüglich Qualitätsmangement keine Klarheit gibt zwischen den Vorgesetzten – insbesondere dem Vize-Rektor – und ihm, dem Departement. Mein wochenlanges Hinwirken, man müsse doch noch klären, welche Rolle das Department genau hat, welche Aufgaben, Erwartungen, Grenzen es gibt, ... findet endlich Gehör.

Bis jetzt existiert das Department in einer Art Isolation, Brighton bekam den Auftrag vor ca. einem Jahr, wurde dann nach Holland geschickt für eine 2-monatige Einführung in das Qualitätsmangement und danach mit dem ehrenhaften Auftrag eingedeckt einen Strategieplan für die gesamte Uni zu schreiben. Dies machte er während mehrerer Monate nach einer kurzen Erkundungstour durch das gesamte Land im stillen Kämmerlein, wo er bis Juni einen 5-Jahresplan für die Uni produzierte.

Der Arme wartete vergeblich auf Feedback. Vor zwei Wochen wurde der Strategieplan schließlich im Conselho Reitoria, einer Sitzung bei der nun Andreas auch regelmäßig teilnimmt, offenbar im wahrsten Sinne des Wortes zerfetzt, da blieb kein Satz mehr neben dem anderen und die zuständigen Köpfe haben sich endlich mit ihren Zielen und Plänen auseinandergesetzt. Brighton weiß davon noch nichts. Ist wahrscheinlich auch besser so, weil er sonst endgültig die Fassung verliert.

Er kann nämlich mit der isolierten und unklaren Situation des Departments nicht mehr gut umgehen, immer wieder gibt es Tage, wo er sehr verzweifelt ist, ich schätze da kann er mich als seine Beraterin ganz gut brauchen. Ich fühle mich jedenfalls in meinem Element ihn dabei zu begleiten die Dinge besser zu strukturieren und zu planen, ihm Mut zuzusprechen, die Dinge relativierter zu betrachten und ihn dabei zu unterstützen einen sensibleren Kommunikationsstil zu finden, damit das Image des Departments als Polizei ein anderes wird und die Vorgesetzten einen mehr schätzen.

Auf meinen manchmal vorsichtigen Einwand, den ich mir aufgrund der Beobachtung seines enormen Tempos nicht verkneifen kann, nach Geduld, reagiert er mit Ablehnung. Er möchte keine Geduld aufbringen, die Dinge sollen sich sofort ändern! Er bringt kein Verständnis mehr auf für Dinge, die zu langsam funktionieren und Mißwirtschaft, nimmt sich selbst aber auch nicht die Zeit gut zu planen und sich vorallem ausreichend vorzubereiten.

Beim ersten Workshop, den das Department für die neuen Focal Points (unsere Beautragten für Qualitätsmangement an den Fakultäten) durchgeführt hat, schlug ich dann sprichwörtlich beide Hände über den Köpfen zusammen, weil da aus meiner Sicht sogut wie keine Vorbereitung seinerseits passiert ist. Schlussendlich hat dann alles halbwegs gut durch improvisieren geklappt, es gab jedoch auch mühsame Diskussionen, die man sich durch etwas Vorbereitung ersparen hätte können und indem man den Focal Points mehr Klarheit vermittelt.

Pikantes Detail am Rande: der Workshop war drei Tage für Mittwoch bis Freitag in einer Oktoberwoche geplant. Am Dienstag reisten zwei Vortragende aus Südafrika und die Focal Points von den anderen Fakultäten aus dem halben Land an. Dann wurde kurzerhand von der Regierung am Dienstag bekannt gegeben, dass der Mittwoch zum Nationalen Feiertag erhoben wird, weil sich da zum 25. Mal der Todestag vom Nationalhelden und ersten mosambikanischen Präsidenten Samora Machel jährte. Als dies bekannt wurde fragte ich mich, was dies für den Workshop bedeutete. Ich tippte auf trotzdem am Mittwoch durchführen, weil ja alle schon angereist waren und weil man die Zeit nutzen will, um mit allen zu arbeiten. Daneben. Der Mittwoch war auch für uns ein Feiertag! Der Workshop wurde dann eben nur während zwei Tagen abgehalten.

Ich hoffe es ist mir gelungen ein paar erste Eindrücke über mein neues Arbeitsumfeld zu geben. Das Gefühl ist von Anfang an ein anderes, ein positives. Es macht Spaß auf der Uni zu sein, auf der Uni ist Leben, ist Dynamik, ist auch Entwicklung - immerhin gehts um Bildung, was für mich, nach all den Erfahrungen umsomehr der Entwicklungsmotor ist.

Über unseren Umzug hat ja Andreas schon berichtet. Ich bin auch froh, unsere neuen „vier Wände“ so schnell gefunden zu haben und muss sagen, dass uns innerhalb der wenigen Wochen, trotz viel Arbeit, Reisen, ... gelungen ist sie sehr wohnlich zu machen. Ich fühle mich jetzt schon sehr wohl hier und dank der Nähe zu den Nachbarn gibts immer mal wieder eine neue mosambikanische Geschichte.

Ich wünsche euch eine angenehme Zeit und einen schönen Jahreswechsel! Von Weihnachten werden wir hier ja nichts merken, aber wir wünschen euch allen auch Frohe Weihnachten! Genießt alles was dazu gehört: die Kälte, das Aufwärmen in der warmen Stube, die Kerzen, das Zusammensein, ...

Ganz liebe Grüße!

Iris

Montag, 12. Dezember 2011

Über die Fehler der Anderen

... soll man sich ja eigentlich nicht lustig machen, aber der IT-Admin einer Fakultät hat seit Monaten einen Klassiker als Statusmeldung im Skype, leider mit einem klitzekleinen ortographischen Fehler:

"Thats not a bug, thats a future"

Für IT-Probleme in Mosambik triffts der Spruch vielleicht sogar besser als das Original.

Schmunzelnde Grüße,

Andreas

Samstag, 10. Dezember 2011

Angekommen in Ponta Gea

Grüß euch!

Nach langer Funkstille auf dieser Seite, die mittlerweile schon einige Ermahnungen hinsichtlich nicht gehaltener Versprechungen nach Aktualisierung aufgebracht haben, hier nun wiedermal ein Lebenszeichen von uns beiden.

Die lange schreiberische Auszeit war nicht ohne Grund, die letzten 2 Monate waren sehr arbeits- und zeitintensiv. Zum einen ja der bereits erwähnte Umzug, zum anderen war ich in den letzten Wochen viel auf Achse und mit meinem Team im halben Land unterwegs, um unsere Mission der Harmonisierung und Standardisierung der Buchhaltung und administrativen Prozesse umzusetzen.

Die UCM ist wie einigen von euch schon wissen ja nicht nur in Beira, unserer (mosambikanischen) Heimatstadt, sondern auch in 6 weiteren Städten in Zentral- und Nordmosambik vertreten. Um die Verwaltung und die extrem mangelhafte Kommunikation zwischen den Unidades Basicas (UBs) zu vereinfachen, wurden nun Regionaldirektoren eingesetzt, die von den Direktionen der einzelnen Fakultäten und Forschungszentren gewählt werden. Parallel dazu gibts laufend Conselhos, die „Räte“ der Uni, in der akademische und administrative (Conselho da Reitoria) sowie finanzwirtschaftliche (Conselho da Gestão Financeira) Agenden behandeln. In diesen Conselhos sollen nun die Fäden zusammenlaufen, Entscheidungen getroffen werden und die Strategien festgelegt werden. Dort wurden die Vorgaben und Standards besprochen und abgesegnet, die Arbeit ist nun bei uns drei (Ibraimo, Varilelo und mir) hängengeblieben und wir versuchen uns an der Implementierung.

Zu diesem Zweck haben wir die einzelnen Regionalzentren zusammengetrommelt und erste Workshops durchgeführt – meine Kollegen, allen voran Ibraimo, der irgendwo schon mal ordentliche Moderations- und Präsentationswerkzeuge in die Hände gelegt bekam, haben die neuen Standards in der Administration vorgetragen. Toll moderiert mit gruppendynamischen Übungen, Rollenspielen und geführten Diskussionen haben wir echt den jeweils 9-14 Direktoren, Administradoren und pädagogischen Leitern die neuen Standards näher gebracht. Ein Tag mit Basics der Buchhaltung und Controlling sowie deren Umsetzung mit unserer Software Primavera hat den Teilnehmern ein paar Lichtblicke für die Führung der Fakultäten geben können. Es war eine sehr positive Erfahrung, auf der einen Seite gute und motivierte Kollegen an seiner Seite wähnen zu können, und andererseits von den Big Bosses der Fakultäten positives Feedback über unsere Aufgabe der Definition ihrer Arbeitsbereiche zu bekommen...

Dies war nun der erste Schritt, der glücklicherweise gut gesessen hat. In den nächsten Wochen wird sich dann zeigen wieviel tatsächlich hängengeblieben ist. Mit Deadline 20.12. sollen wir alle Einzelbudgets der Fakultäten haben um in der ersten Februarwoche das OK der Bischöfe für die Realisierung zu bekommen. Falls wir das hinbekommen, bedeutet dies einen Meilenstein für die Finanzen der Uni, in diesem Jahr sind die letzten Budgets irgendwann Ende April reingeschneit, jedes einzelnen in einem anderen Format mit anderen Kategorien. Etwas pessimistischer bin ich schon was die Berichte über das laufende Jahr anbelangt, da die Buchhaltung an manchen Fakultäten im Norden noch immer exterm schlecht läuft, aber mal sehen es gibt auch in dieser Hinsicht Hoffnung.

Mein bisheriger Counterpart Domingos ist seit dieser Woche nun ebenfalls im Rektorat und kümmert sich bereits fleißig um die Belege dort, parallel wird er als Trainer und Berater für die Buchhaltung an den Fakultäten tätig sein.

Nun ja, auf der Uni läufts nun grad wirklich gut, die Entscheidung den Vertrag zu verlängern kann ich bisher nur positiv sehen. Denn auch im Privaten passts nun nach dem Umzug und anfänglichen Troubles mit der Nachbarschaft ganz gut.

Die Schwester unseres Nachbars parkt ihr Auto zwar noch immer gelegentlich vor unserem Tor, bisher war das für uns noch immer nicht wirklich ein Problem – lästig ja, in Österreich würden hier vermutlich schneller die Fetzen fliegen, aber als neue Nachbarn üben wir uns lieber noch in Geduld. Nach anfänglicher Skepsis über die neuen Brancos in der Nachbarschaft tauen die Anwohner und Kids rund um uns langsam auf, kleinere Spaziergänge mit dem Hund um die Nachbarschaft zu erkunden hinterlassen einen netten Eindruck unseres neuen Viertels und der Strand ist auch noch immer keine 10min zu Fuss weg.

Das Gästezimmer ist seit letztem Wochenende übrigens fertig eingerichtet – und tatsächlich hat sich nun endlich Besuch angekündigt. Mario wird im Frühjahr vorbeikommen was uns sehr freut. Internet haben wir noch immer nicht und ich freu mich schon drauf, den einen oder anderen bald mal wieder im Skype zu sehen.

Ich wünsch euch einen schönen Winter, wir sind grad auf der Suche nach einer neuen Klimaanlage...!

Liebe Grüße,

Andreas

PS: Fotos von der neuen Wohnung werden grad hochgeladen!

Sonntag, 13. November 2011

Bem vindo na Ponta Gea - die neue Soap, jede Woche aktuelle Folgen (versprochen!)

Ha, dank eines offenen WLAN's bei einem Nachbarn gibts in der neuen Wohnung sogar Internet - yessss!

Am Freitag hatten wir uns auf den bevorstehenden Umzug vorbereitet, und schon mal 3/4 der Wohnung in alle möglichen Behälter gestopft, die wir zur Verfügung hatten. Die 4 blauen Maischetonnen aus Österreich haben sich erneut als große Hilfe erwiesen, allerdings ist in zwei Jahren Mosambik doch noch einiges dazugekommen - Möbilar gar nicht eingerechnet.
Ach ja Möbilar: auch die Klimaanlagen werden auch als solches angesehen und meistens von einer Wohnung zur nächsten mitgenommen, das erklärt jetzt auch die oft nur notdürftig übermalten und hastig zugemauerten Löcher in den Wänden so mancher besichtigter Wohnung.
Gestern dann hat uns ein tatkräftiges Umzugsteam bestehend aus unseren beiden Guardas, Djonge, Maninho,Flora und Markus mit seinem Pick-Up beim Umsiedeln geholfen. Mittags war ein Großteil des Zeugs bereits in der neuen Wohnung zwischen Universidade Pedagogica und dem Mercado im Viertel "Ponta Gea".

Das war jetzt so im Groben die Vorgeschichte, nun zum Plot des Pilotfilms zur neuen Daily-Soap (auf brasiliansich Telenovela) die autobiografisch unsere Ankunft in Ponta Gea erzählt.

Die erste Nacht haben wir bereits hier verbracht, bis wir um etwa 1:00 von einem Abschleppwagen vor unserem Gartentor geweckt wurden - dieses Exemplar war nach allen hiesigen Künsten hochgepimpt und mit Sportauspuff versehen, wodurch es einen Höllenlärm zusätzlich zu den gelben Disco-Drehleuchten gemacht hat.
Erst hab ich mir nicht viel gedacht - die ersten 10min haben wir noch weitergedöst bis es dann doch etwas zu viel wurde. Nach genauerem Blick war dann noch ein Trupp Verkehrspolizisten ausgerückt und hat sich um halb 2 dazugesellt - ein Auto ist mit einer Kette weggezogen worden und wurde unter Bremsengestank und Motorgeheul über unseren Gehsteig abgeschleppt.
Absurd wurde es dann als unsere künftigen Vermieter gegenüber aus ihrem Auto ausstiegen und rübergekommen sind.

Ich muss vielleicht noch kurz ein paar Worte über die Wohnung und deren Besitzer und Nachbarn erzählen:
Die Schwester von Regionaldo, dem Bewohner im ersten Stock direkt über uns, hat ihr Auto direkt in unserer Einfahrt abgestellt und unseren Guarda Bernardo anscheinend sogar getreten - oder geschubst, so genau hab ich das leider nicht verstanden. Jedenfalls soll sie ihr Auto abgestellt haben wie sie das schon immer gemacht hat und warum sollte sie es jetzt anders machen. Das war so gegen 10, wir dank Umsiedeln fix und fertig und in tiefem Schlaf den selbst unser Guarda mit der Klingel nicht zu wecken vermachte.
Unsere Vermieterin hatte uns später dann, als der Abschleppwagen schon weg war, gesagt, mit der Schwester hätte sie schon einen längeren Clinch, da die Einfahrt und der Garten zum Erdgeschoss gehören - auch Vermittlungsgespräche mit ihrer Familie hätten der Schwester nicht zur Einsicht verholfen.
Ich weiß bis dato noch nicht, wer nun die Polizei und den Abschleppwagen gerufen hat aber dank Licht- und Lärmeffekte des tiefergelegten Abschleppwagens und dem Gestank nach Bremsbelägen ist nun sicher das ganze Bairro von unserem Einzug informiert worden.
Am nächsten Tag um halb 7 hab ich nochmal mit Bernardo, unserem Wächter gesprochen. Dabei ist der Nachbar rechts über uns heimgekommen. Sein Auto quer über den zugegebenerweise großzügigen Gehsteigs geparkt - eine Flasche 2M in der Hand dem Fahrersitz entsteigend:"Servus, wie geht's?"
Er (arbeitet sonst beim Zoll) is schon a bissl müde (6:30) und komme gerade (offensichtlich) von einem Fest, aber hat gehört hier hätts heut a bissl confusão (pt:"Verwirrung, Chaos") gegeben. Wenn das nämlich was mit ihm (leichtes Nicken zum ersten Stock) oder dessen Schwester zu tun hätte soll ich mir nicht zuviel denken, er hätte auch immer wieder Stunk mit ihnen. Wir quatschen später weiter, er muss sich ausruhen gehen - ich leg mich ebenfalls wieder ins Bett.
Um halb 10 nach Kaffee und Kuchen im einzigen Café in Ponta Gea (he, immerhin gibts eins!) hab ich dann noch unsere andere Nachbarin Casilda, die hinterm Haus in der Dependencia wohnt, beim Zeter und Mordio Rufen gehört.

Ich habe eigentlich gar nix für Soap-Operas übrig, aber diesmal war es sehr live und in 3D.

Sie - Casilda, werde nun beschuldigt, die Polizei gerufen zu haben, keine Ahnung ob sie's nun war oder nicht jedenfalls hätte sie ja erstens kein Guthaben und würde zweitens Guthaben nicht für so was ausgeben wie um die Polizei zu rufen und außerdem würde sie die Sache ja gar nix angehn.
Die Schwester hab ich auch mittlerweile kennengelernt, als sie um 10 gleich mit Papa und Mama ankam um nach dem Auto zu suchen - mit mir wollten sie nicht reden. Als sie wieder abgezogen sind hab ich mit ihrem Bruder geredet, der eigentlich ganz nett und ruhig war.

Nun denn, die Vermieterin hat heut nicht viel von sich hören lassen, die Sache mit dem Abschleppwagen war jedoch schon ein ziemlich interessantes Ankommen im neuen Viertel. Es ist nett hier und kommt uns ein ganzes Stückchen afrikanischer vor als das Wohnviertel, in dem wir die letzten beiden Jahre gewohnt haben - dank der dezenten Abwesenheit der klappernden Chapas und krähenden Hähnen ist es sogar erstaunlich ruhig hier.

Ich hoffe ich kann den Artikel noch abspeichern solang ich Netzzugang hab - bis bald jedenfalls wieder auf dieser Adresse, ich hoffe der Umzug kann wieder etwas neuen Wind in das verstaubte Postfach am Blog bringen.

Alles Liebe aus Mosambik,

Andreas & Iris

Freitag, 11. November 2011

Umzug

Liebe Leute,

ich habs leider noch nicht geschafft die angekündigten Kurznews mal weiter auszuführen. Da wir heut noch einiges vorhaben somit in aller Kürze:
Wir haben eine neue Wohnung gefunden und werden morgen umziehen, mal wieder - vorgestern am Abend beim Sundowner am Strand haben wir mal gezählt: Iris kommt auf mittlerweile 11 Wohnungen, ich auf 8 in denen wir im Laufe unseres anscheinenden Nomadenlebens gewohnt haben. Im Schnitt also alle 1,4 Jahre wechseln wir unsere Wohnungen - Studium und Jobwechsel sei dank...

Ein pikantes Detail am Rande: Bis dato hab ich noch immer länger mit Pirni als mit Iris zusammengewohnt...

Nun gut, wir packen jedenfalls heute unser Zeug zusammen und haben für morgen einen Pick-Up und ein paar Freunde (und natürlich unsere Guards) zusammengetrommelt um das Zeug auch in die neue Wohnung zu bringen. Da es dort noch keinen Telefonanschluss gibt und dies bekanntlich hier ein etwas längerer Prozess sein kann, werden wir wohl abends in nächster Zeit via Internet nicht erreichbar sein.

Nun aber wird eingepackt - euch allen ein schönes Wochenende, ich hab gehört der Winter lässt noch auf sich warten?

Liebe Grüße aus Mosambik, wir schwitzen!

Andreas & Iris

Freitag, 7. Oktober 2011

Infos und Links

Ach ja, noch was.
In der Link-Sektion rechts findet ihr einen Link zu zahlreichen Berichten und Reports über aktuelle (und vergangene) Geschehnisse in Mosambik. Zusätzlich ist auch das Archiv der Newsletter abrufbar, die interessante Hintergrundinfos liefern.

Hier die Berichte und Reportagen:
http://www.open.ac.uk/technology/mozambique/index.shtml

Und die Newsletter:
http://www.open.ac.uk/technology/mozambique/p6.shtml

----Eilmeldungen----

---- Die Brasilianer kommen und nehmen uns unsere Wohnung weg ----

Drastische Erhöhung der Mietpreise in Beira - Unsere Miete steigt von derzeit 900.- US$ auf 2.000 US$, kurzfristig angelegte Verhandlungen ohne Erfolg. Wir suchen daher eine neue Wohnung.
Grund für die Erhöhung sind massive Kohlefunde im Norden, die über den Hafen von Beira verschifft werden sollen. Die Hausbesitzer erwarten sich nun Unmengen von neuen Ausländern, die Mieten in diesen schwindelerregenden Höhen zahlen sollen. Mal schaun wie lange diese Blase hält, in drei Monaten spätestens müssen wir ausziehen.

---- Der Sommer kommt ----

Wir haben uns vorsorglich bereits in Österreich ein paar Sonnenstrahlen eingepackt und im Garten ausgesät, nun geht die Saat auf und der Sommer zieht ein. Bis Ende November sind noch halbwegs vernünftige Temperaturen zu erwarten, danach werden wir wieder unter der feucht-schwülen Tropenhitze in der Regenzeit leiden. Bitte dies bei evtl. Reiseplanungen berücksichtigen!

---- Stromausfälle in Beira ----

Hunderte Haushalte waren am gestrigen Abend stundenlang ohne Strom - wart mal, das sind ja keine Neuigkeiten sondern passiert eh ständig...


Bald gibts wieder ausführliche News, vor allem über das Wiederankommen in unserer Wahlheimat. Die Landung war hart aber schön :-)

Liebe Grüße,

Andreas & Iris

Freitag, 5. August 2011

Neulich im Büro des Vizerektors...

der ja nun vor ziemlich genau 10 Wochen kurzfristig, überraschend und wie sich noch dazu herausgestellt hat sehr sauer die Uni und das Land verlassen musste, weil ihn sein Orden gerufen hat.
Nun wurde ich in ebendiesen Sessel gerufen, der seit 16 Jahren vom Quasi Gründer der UCM im wahrsten Wortsinne besessen wurde. Die drei Funktionen Vizerektor, Administrador geral und Secretario geral - bisher in der Person meines Vorgängers vereint - sind nun vakant und werden es wohl noch ein paar Monate bleiben. Einstweilen sollte ich einziehen und mir ein Bild von den Aktivitäten machen, um den Weg und Einstieg des Nachfolgers zu erleichtern.

Dieser Machtwechsel auf der Uni hat vor allem einen Stimmungswechsel ausgelöst, der in dieser veränderungsbereiten Zeit sehr stimulierend auf die Geschehnisse wirkt. Neben dem Wegfall einer kritischen und erfahrenen Stimme an der Spitze der Entscheidungspyramide werden nun die Statuten und Organe der Institution überarbeitet.
Sogenannte "Conselhos" werden formiert, quasi Räte mit basisdemokratischen Rechten und Pflichten und bestimmten Mitgliedern der Regional- oder Fakultätsdirektion, Professoren- und Studentenvertretern. Eigentlich sind diese Conselhos seit der Gründung der UCM vor 16 Jahren in den Statuten der Universität verankert, ordentlich existiert und regelmäßig konstituiert haben sie sich jedoch noch nicht.

Nächste Woche werden wir, d.h. unser kleines 3er Team aus "Beratern", den Finanzrat abhalten und moderieren, der dank mir als Buchhalter erstmals ordentliche Monatsberichte und Daten bekommt.
Ach ja, ich hab sie noch gar nicht vorgestellt, die ebenfalls und gleichzeitig eingesetzten "Berater" Ibraimo und Moises.
Ibraimo ist 32, dynamisch, extrem vernetzt und sehr gscheit, ohne den die letzten Wochen unmöglich funktioniert hätten. Moises ist eigentlich schon in Pension gewesen, hat sich dann aber doch vor ein paar Jahren wieder an die Uni als Professor begeben. Mit seinen 25 Jahren Bankerfahrung hilft er uns ordentlich mit dem Behördenkram aus, außerdem bietet seine Seniorität im Team gegenüber Kritikern eine starke Basis.
Nun denn, gemeinsam versuchen wir gerade, uns irgendwie in den zahlreichen Baustellen in der Organisation, den Finanzen und Bauprojekten einzubringen.

Zahlreiche Dinge scheinen sich ganz gut zu entwickeln, vor allem der Ruf nach mehr Transparenz wird lauter, nachdem die Verantwortung auf mehrere Köpfe verteilt wurde und die mosambikanische Bischofskonferenz zur Zeit nicht wirklich Bester Laune ist.
Die neuen Organe in der Uni müssen nun so richtig zu arbeiten beginnen, ein paar Schritte ging es schon nach vorwärts.

In den nächsten Wochen werden sich die ersten Wogen in diesem Veränderungskrimi etwas legen - wir ziehen uns jedenfalls zuerst mal zurück und kehren mit unserem 5-wöchigen Sonderurlaub im Rucksack nach Österreich zurück.
Nächste Woche Donnerstag oder Freitag werden wir in Linz eintrudeln und dann sehn wir uns hoffentlich bald mal, a persona lässt es sich viel besser erzählen!

In diesem Sinne, ein schönes Wochenende und nun aber wirklich bis Bald!

Andreas

Freitag, 24. Juni 2011

Pläne haben es an sich, über den Haufen geworfen zu werden...

Caros amigos!

Nach einer längerem Tauchfahrt im U-Boot der Entwicklungshilfe geht uns nun die Luft aus und wir tauchen wieder auf, um euch die aktuellsten Geschichten und Begebenheiten aus den Tiefen des afrikanischen Kontinentes zu erzählen - und nebenbei mal wieder ordentlich Luft zu holen...

Seit März ist Iris' zweites Projekt bei Muleide nun gestoppt worden, was zwar wenig Staub aufgewirbelt, aber uns dennoch ordentlich durcheinandergebracht hat. Der Urlaub im Norden Mosambiks, mit wunderbaren Stränden und Bergen, drei gerissenen Keilriemen Made in Korea und viel, viel Mosambik hat dann die Energietanks wieder etwas augefüllt.

Bis dann auf der Ilha de Moçambique unsere Chefin angerufen und mir gesagt hat, dass sie vom Rektor der UCM gebeten worden ist, mich zum Hierbleiben zu überreden - für Iris würde gesorgt werden, sie könne auch auf der Uni arbeiten wenn sie will.
Der Grund ist, der nun doch sehr plötzliche Abgang des Vize-Rektors, Padre Francesco Ponsi. Der über 70-jährigen italienischen Missionar, der die Uni in Finanz- (und sonstigen) Belangen mit starker - wenn auch mittlerweile zittriger - Hand geführt hat und vor 16 Jahren die Universität hier aufgebaut hat, hinterlässt ein ziemliches Machtvakuum und vor allem eins: Tausende offene Fragen wie es weitergeht...

Da ich nun Gelegenheit habe und ihr hoffentlich gespannt weiterlest, nun ein paar historische Hintergründe:
Bei den Friedensverhandlungen zwischen den beiden Bürgerkriegsparteien FRELIMO und RENAMO, 1992 in Rom, wurde die Gründung einer katholischen Universität in Beira beschlossen. 1993 hat ebendieser Padre Ponsi ein altes Priesterseminar der Diözese Beira, das zwischenzeitlich auch als Armeekaserne und Parteibüro benutzt wurde, wieder reaktiviert und 2 Jahre später die Wirtschaftsfakultät gegründet, ...

Naja, und letzte Woche hat er mir dann seinen Büroschlüssel gegeben und mir die letzten 5 (!!!) Tage zuvor noch die wichtigsten Sachen erklärt. Formell bin ich nun Assessor da Reitoria no area Financeira, also kaufmännischer Berater/Assistent des Rektors - und NICHT der Vizerektor wie meine Kollegen nun ständig meinen. Glücklicherweise gibts noch zwei andere, ebenfalls hals-über-kopf vom Bischof und Rektor ernannte Berater, die die Unterschriften auf den Schecks austellen sollen. Denn die Beiden werden in Zukunft wohl die politischen Ohrfeigen abbekommen, die man sich im mosambikanisch-afrikanischen Alltag unter Managern und "Big-Men" automatisch holt. Ich halte mich so gut es geht raus - auch wenn Querschläger unvermeidlich sind aber gerade deswegen bin ich ja hier.

Und deswegen bleiben wir auch hier - wie ihr wohl schon langsam vermutet habt. Die Universität ist einfach ein Leuchtfeuer in der ansonsten doch sehr tristen Welt eines Entwicklungslandes. Die Studenten hier hinterfragen, kritisieren, lernen und feiern - sie werden ein Teil der Gesellschaft werden, die zum ersten Mal eine mittlerweile halbwegs abgesicherte Basis haben, die zumindest in der Stadt Zugang zu ärztlicher Versorgung haben und teilweise selbst dann Ärzte oder wiederum Professoren werden.
Hier setzt eben nun Iris' Projekt an, parallel mit einer staatlichen Kampagne zur "Verbesserung der Qualität der höheren Lehre" wird sie mit einem Professor der Uni an der Qualität der Lehre arbeiten.

Diese beiden neuen Herausforderungen haben uns nun die Rückreise vermiest, denn wir waren eigentlich schon mitten in den Ausreisevorbereitungen. Hund geimpft - das Blut bereits auf dem Weg ins einzige, von der EU akkreditierte Blutlabor in Südafrika, Flipchart in der Küche zum notieren des ganzen Krams, der uns nun wieder bevorgestanden hätte.
Nun haben wir das Flipchart einfach umgedreht und daraus eine überdimensionierte Einkaufsliste gemacht, denn wir kommen DOCH im Sommer heim - aufgrund der Vertragsverlängerung und weil wir euch darüberhinaus einfach endlich wiedermal ordentlich treffen wollen.

Nun denn, einstweilen bleiben wir noch unter Wasser, halten aber mit unserem Periskop Ausschau auf Österreich und freuen uns auf den Landurlaub!

Alles Liebe,

Andreas & Iris


Freitag, 15. April 2011

Epa

...oder Shii, sind zwei Ausdrücke hier für Überraschung bzw. den Zustand "geh echt? na des kannst wen andern vazöhn"
Also, diese beiden Ausrücke sind mir grad vor dem inneren Auge vorbeigehuscht als ich das Datum des letzen Beitrages sah.

Nun, es gibt einen Grund dafür - in den letzten beiden Monaten mussten wir uns entscheiden, wie es nun hier weitergeht, mit unseren Projekten, mit unserem Aufenthalt hier.
Nachdem es bei Iris einfach nicht hat klappen wollen (und aus diversen anderen Gründen die ich hier nicht erläutern will) werde ich meinen 2-Jahresvertrag nicht mehr verlängern, somit könnt ihr uns demnächst in persona erwarten. Das konkrete Datum steht noch nicht fest, wird sich aber rund um die ersten paar Augusttage einpendeln.

Wir hoffen ihr esst brav eure Teller auf, damit der Sommer dann auch wirklich schön wird - wir werden ihn temperaturtechnisch brauchen...

Nun steht uns jedoch noch eine äußerst wichtige Aufgabe bevor, auf die unser Arbeitgeber pocht - Resturlaub abbauen...
Und das machen wir auch, ohne Widerstand - die nächsten zwei Wochen werden wir uns den Norden Mosambiks ansehen, den wir noch immer nicht ausgiebig bereisen konnten. Anschließend, am 2.5. werden wir Iris' Eltern in Nampula am Flughafen abholen und uns gemeinsam wieder auf den Rückweg machen.

Danach werden wir dann unser Nachrichtenembargo brechen und euch nochmal ausgiebig über die Zeit hier in Mosambik informieren.

Bis dahin aber eine schöne Zeit, und tschüß!

LG,
Andreas

Dienstag, 1. Februar 2011

Nachrichten aus Nairobi

Hallo liebe Freunde,

heut abend war eine Kollegin zu Besuch und war sehr aufgelöst über eine beunruhigende Entwicklung in Kenia.
Sie hat dort seit über 10 Jahren in Eigeninitative ein Straßenkinderprojekt mitaufgebaut und betreut es seitdem.
Wie es leider in dieser Ecke der Erde oft der Fall ist, zählen langjähriges Wohnrecht, offizielle Landbesitzurkunden und eine Erfolgsstory der sozialen Arbeit nichts, wenn eine regierungsnahe Organisation Apartmenthäuser in einem Armenviertel aufziehen will.

Über die lokale Tageszeitung wurden die über 15.000 betroffenen Einwohner informiert, innerhalb weniger Tage ihr Hab und Gut einzupacken und das Gebiet zu verlassen, "... für Schäden an Besitztümern oder Körperverletzung im Zuge der Räumung würde man keine Verantwortung übernehmen können" so der weitere Text der Anzeige.
Neben den tausenden betroffenen Familien sind auf dem Areal noch 6 Kirchen, eine Moschee, zwei Krankenhäuser und mehrere Schulen davon betroffen, dem Erdboden gleichgemacht zu werden um Platz für neue Apartmentkomplexe zu schaffen.
Auch das durch Spenden neugebaute Haus des Vereins "Panairobi" ist von der unmittelbaren Zerstörung bedroht, ein Zentrum in dem drei Sozialarbeiter zur Zeit 139 Kinder im Alter von 3-15 Jahren betreuen.

Durch kurzfristig organisierte rechtliche Unterstützung konnte nun zumindest ein Aufschub von ein paar Tagen erreicht werden, um die Rechtmäßigkeit des Landbesitzes mehrerer Einwohner vor Gericht zu klären. Wie die Erfolgsaussichten sind ist jedoch nicht abzusehen.

Nachfolgend noch der offizielle Pressetext von Panairobi, in den nächsten zwei Tagen werden Artikel in der Krone und den Salzburger Nachrichten erscheinen.

Unterstützungserklärungen via Facebook sind ausdrücklich erwünscht, hier der link:
http://de-de.facebook.com/pages/panairobi-verein-fur-strassenkinder-in-nairobi/137848539563138?v=wall

Web:
http://www.panairobi.net/

Pressetext:

Zwangsräumung in einem der größten Slums in Kenia. Salzburger Straßenkinderprojekt panairobi steht vor einer Katastrophe.

Der National Youth Service – ein Arm der kenianischen Regierung – hat am 27.1. durch eine Zeitungsannonce die Bevölkerung in einem Teil des Mathare North Slums aufgefordert, ihre Land sofort zu verlassen. Das bedeutet für ca. 15.000 Menschen die Vertreibung aus ihrem bisherigen Leben. Eine Alternative für die Bewohner wurde nicht gegeben.

Mehr als die Hälfte der Menschen leben in einfachen Wellblechhütten und haben durch Werkstätten, kleine Geschäfte und Bars ihre Lebensgrundlage und eine eigene funktionierende Infrastruktur geschaffen.

Der Salzburger Verein panairobi hat in diesem Gebiet gemeinsam mit Partnern und internationalen Spendern vor mehr als 10 Jahren ein Straßenkinderprojekt gegründet. Seit Beginn konnte erfolgreich mehr als 300 Kindern geholfen werden. Viele der Kinder die durch das Programm gegangen sind, haben nun ihr eigenes Geschäft, haben Arbeit gefunden oder zu studieren begonnen. Vor drei Monaten ist das neue Gebäude fertig geworden um die Kinder und deren Familien noch besser betreuen zu können. Doch nun soll alles aus sein.

Die Sozialarbeiter des Vereins sind gemeinsam mit anderen Grundbesitzern noch am Freitag vor Gericht gegangen und haben vor dem Rathaus von Nairobi demonstriert. Obwohl die Stadtverwaltung alle Dokumente, die den Besitz des Baugrunds durch das Straßenkinderprojekt MCFpanairobi und von anderen Landbesitzern bezeugen, gibt es vom NYS bis zum jetzigen Zeitpunkt noch keine offizielle Stellungnahme.

Im dem selben Gebiet, dass dem Erdboden gleich gemacht werden soll, stehen zwei Krankenhäuser. Eines ist ein privates Krankenhaus mit 30 Betten, das andere ist durch die „German Doctors“ unterstützt und betreut vor allem HIV Patienten. Täglich suchen mehr als hundert Menschen das Krankenhaus auf um dort medizinische Hilfe zu bekommen.

Drei Primarschulen mit insgesamt 550 Kindern und ein College für technische Berufe in Mathare North sind von der Zwangsräumung betroffen. Sechs Kirchen und eine Moschee die von ca. 4000 – 6000 Menschen regelmäßig besucht werden, droht ebenfalls die Zerstörung durch Bulldozer.

Die Sozialarbeiter haben zwar von der Stadtverwaltung ein Schreiben erhalten, dass die Zwangsräumung bis mindestens zum 3. Februar aufgehalten wurde damit die Rechtmäßigkeit des Landbesitzes durch das Gericht überprüft werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass auch das NYS darüber informiert wurde und nicht vorschnell vollendete Tatsachen geschaffen werden. Für einen Großteil der dort lebenden Menschen schaut es aber schlecht aus. Das Wenige, was sie besitzen wird in wenigen Tagen zerstört sein, wenn nicht noch ein Wunder passiert.

Dienstag, 18. Januar 2011

Happy new year!

Etwas verspätet aber nun kann ich mich auf das neue Jahr freuen.
Eigentlich hat es ja eh ziemlich fein angefangen, nachdem unsere Weihnachtsüberraschung geglückt ist und wir uns ebenfalls an einigen überraschten Gesichter erfreuen haben können.
Allerdings hat uns kurz nach unserer Rückkehr die mosambikanische Realität wieder eingeholt, die Troubles mit der Stromversorgung sind leider nicht besser geworden.
Für all jene nicht so regelmäßigen Leser und all jene die's schon wieder vergessen haben ein kurzer Rückblick:

Ende September brannte unser Stromzähler ab, fast, als ich ihn widerrechtlich vom Netz nahm und so zum ersten Mal auf Tuchfühlung mit der EDM (Electricidade da Moçambique) gehen musste. Zwei Tage (wau!) nach Meldung wurde der Contador getauscht, allerdings hatte dieses neuartige, elektronisch geregelte Ding nur eine sehr begrenzte Lebensdauer von ca. 4 Wochen. Nach einem 4-tägigen, ganz Beira betreffenden Stromausfall hat der Contador einen bleibenden Schaden davongetragen, nämlich genau dann den Dienst zu verweigern wenn man ihn braucht...
Seit diesem Zeitpunkt, also knappe 2,5 Monate, haben wir tagsüber fast immer Strom. Man hat allerdings fast die Uhr nach dem Zähler richten können, denn täglich um 18:30, grad recht zum Sonnenuntergang, hat dieses depperte Kastl zu spinnen begonnen. Klick-Klack, Strom ein - Strom aus - im Sekundentakt, teilweise nur zwei, drei Stunden, teilweise die ganze Nacht...
Tödlich für Glühbirnen und sonstige Elektrogeräte, das Modem und zahlreiche Glühbirnen haben mittlerweile dran glauben müssen. Strom kommt, Strom geht - bei eingeschaltenem Licht wird man narrisch, kaum gewöhnen sich die Augen an die Dunkelheit ist das Licht für eine Sekunde wieder da und man ist wieder komplett nachtblind wenns wieder dunkel wird.
Gut, manche Leute (uns anfangs eingeschlossen) finden ja ihren Gefallen an einem Candlelight-Dinner, wenn man aber jeden (wirklich jeden!!!) Tag abends ohne Strom dasitzt, kein Internet hat, nicht mal einen Film anschaun kann (mangels Lautsprechern und Akkulaufzeit) und im Schein der Petroleum- und/oder Taschenlampe kocht und isst, naja, dann wirds mit der Zeit wirklich fad. Nicht nur fad sondern auch nervend, ziemlich sogar.

Der Canossagang zur EDM hingegen übertrifft alles Nervige, was ich bisher erlebt hab. Ich hab aufgehört zu zählen, wie oft ich bei der Problemmeldestelle war (letzte Woche jeden Tag außer Dienstag), wie oft ich angerufen hab (irgendwann hatte ich das Gefühl sie kennen meine Nummer und heben absichtlich nicht mehr ab) und vor allem wie oft eines der "Reparaturteams" hier war.
Am Freitag abend um ca. 21:30 war das letzte Team da, nachdem am Donnerstag ein anderes Team die Zuleitung vom Strommast zum Haus überprüt hat. Wir waren beide angesichts der Dunkelheit und des ständigen Klickklacks ziemlich frustriert und hatten bereits die Flasche Glenfiddich aus dem Duty-Free geköpft als doch noch eines der Teams kam - ich hab mit dem Cheffe geredet, ihm die Whiskeyfahne ins Gesichts geblasen und ihm auf portugiesisch richtig was vorgeheult,wie schlechts mir nicht geht und wie scheiße das alles ist und das es einfach mies ist und ich total traurig bin und so weiter und so fort...
Und das hat scheinbar geholfen, denn auf seine Veranlassung kam heute endlich jemand mit einem neuen Stromzähler angetanzt.

Ach, wir sind beide sehr happy über den neuen Zähler und vor allem über die neugewonnen Elektrifizierung unseres trauten Heimes hier, Happy New Year allemiteinander!

Alles Liebe aus dem stickigen, schwülen, aber dank nun wieder funktionierender Klimaanlage wieder erträglichen Beira,

Andreas