Freitag, 17. September 2010

Entwicklung

Wenn ich die derzeitige Arbeitssituation reflektiere bin ich eigentlich zufrieden. Noch vor einem halben Jahr habe ich versucht, meinem Kollegen ein paar Tricks und Kniffe zu zeigen, wie er die Abstimmung der Bankkonten einfacher und leichter im Excel unter Verwendung einige zugegeben schwieriger Excel-Funktionen durchführen kann. Vorher hat er es manuell nicht geschafft, da zu aufwändig (etwa drei Tage durchgehende Arbeitszeit).

Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube schon einmal über die Rahmenbedingungen im Arbeitsalltag geschrieben zu haben. Es ist jedenfalls kaum möglich, länger als eine halbe Stunde ungestört und konzentriert zu arbeiten, da ständig Störungen auftreten.
Daher grenzt es an ein Ding der Unmöglichkeit, diese Aufgabe in einer Woche erledigen zu können - zusätzlich ist das eigentliche Arbeitspensum für diese Woche auch nicht zu knapp, bei uns würde man wohl von drohendem Burn-Out sprechen.
Nichtsdestotrotz lässt sich mein Kollege nichts anmerken, in der Zeit wo wir "arbeiten" können hört er mir zu, stellt Rückfragen und wendet es dann trotzdem nicht an - die Bankabstimmung ruht nun seit Februar wieder. Manche Dinge sind einfach wichtiger, hab auch ich mittlerweile kapiert.

Mit der Zeit und dank besserem Verständnis gibt es mehr Raum für Unterhaltungen, Diskussionen und dem obligatorischen Smalltalk. In diesem Raum entwickelte Ideen und Kleinprojekte haben ein viel höheres Commitment.
Das Fernlehrinstitut (CED) der Universidade Católica de Moçambique stellt mit knapp 3500 Studenten mehr als die Hälfte der Hörer an der gesamten UCM, und hat mangels Möglichkeiten und Personal gravierende Probleme die Studiengebühren einzutreiben und zu überprüfen.
In langsam gestreuten Informationen, stetigem Diskutieren von Möglichkeiten und vor allem viel Geduld kam dann der Tag X. An dem Tag wurde ein neuer Kollege eingestellt, ein zweiter ihm zur Seite gestellt und wir sollten nun eben dieses Manko beheben.

Insinuieren, eine Idee auf einen Zettel schreiben und sie dann dem Entscheider unbemerkt in die Hosentasche stecken, woraufhin dieser es als seine Idee proklamieren kann.
Zurücknehmen, nicht die eigenen Ideen, Wert- und Arbeitseinstellungen als Idealtypisch anzusehen.
Und dann noch zu akzeptieren, dass alles extrem langsam passiert - diese Dinge zu lernen und anzuwenden war wohl meine perönliche Entwicklung in den vergangenen Monaten.

Nun, jedenfalls haben wir am CED jetzt eine kleine Profit-Center Rechnung in der Buchhaltung. Jeder Kurs (bis zu 9) an jedem Standort (10) wird pro Jahr (bis 4 = derzeit ca. 200 oder mehr...) wird separat in der Buchhaltung hinsichtlich der Einzahlungen und Verbindlichkeiten erfasst, im Endeffekt können wir dann pro Kurs die Studentenzahlungen auswerten. Ein enormer Fortschritt, der die Überprüfung überhaupt erst möglich machen wird.
Ein anderes Institut im Bereich der Feldforschung zu HIV/AIDS hat (auf eigenen Wunsch) nun ebenfalls Primavera als Buchhaltungssystem - mit einer gut geschulte Buchhalterin und einer engagierte Administradora sind wir mitten in der Umstellung und werden sie bald abgeschlossen haben.

Wenn auch langsam, die Dinge kommen ins Laufen.
Und nachdem sich bei Iris mittlerweile einige Entwicklungen auftuen, wird es wohl nicht lange dauern bis es auch von ihr bald wieder was zu lesen gibt.

Euch allen einen schönen Herbst, bei uns kommt der Sommer schon wieder...

Liebe Grüße,

Andreas

Freitag, 3. September 2010

und nun, die Freitag-Abend-Nachrichten

also heut gabs einige erfreuliche Nachrichten, abgesehen davon dass die Unruhen in Maputo wieder abgeflaut sind. Beira war ohnehin kaum betroffen, aber Marta, unsere Empregada, meinte dass es in Sofala sowieso eher ruhiger abläuft wenn es in Maputo zu Tumulten kommt.
Chimoio erlebte heute noch einige unruhige Stunden. Hoffen wir, dass es dort ebenso bald wieder ruhiger wird.

Nun zu den News.

Unsere Henne hat Nachwuchs bekommen. Die gelegentlichen Besuche der Nachbarshähne haben im wahrsten Sinne des Wortes Früchte gezeigt.
7 kleine Kücken fiepsen nun im Garten herum, mit einer gluckigen Henne, für die die Mutterrolle noch etwas stressig ist...

Außerdem in den Abendnews:
hab heute zwei interessante Gespräche mit drei Schlüsselfiguren auf der Uni gehabt - meine Geduld hat sich ausgezahlt und jetzt entstehen konkrete Bedürfnisse der Entscheidungsträger, weiter mit unserer IT-Lösung Primavera zu arbeiten. Der Projektleiter eines technischen Projekts zur Vernetzung aller Beirenser Fakultäten mittels eines Glasfasernetzes, das kurz vor dem Abschluss steht, greift meinen Vorschlag von vor zwei Monaten auf auch die Buchhaltungsserver zu zentralisieren - was einen erheblich leichteren Wartungsbedarf begünstigt.
Gleichzeitig will auch die Personalabteilung mal sehen, ob sie damit arbeiten könnten - ist zwar nicht mein Fachgebiet aber das wird kein Problem werden.
Und zu guter letzt hat sogar der Vizerektor Padre Ponsi sein Interesse bekundet, Primavera intensiver zu verwenden und ob ich ihm nicht ein paar Einweisungen geben kann.

Wau, was sich an so einem aufgrund der sonstigen Nachrichten eher unruhigem Freitag alles entwickeln kann... ich bin happy und freu mich auf ein gemütliches Wochenende.

Passè bem, machts es guat!

Andreas

Donnerstag, 2. September 2010

Unruhen in Maputo

nun, gestern Abend wurden wir über Unruhen in Maputo informiert, auch in Beira gab es vereinzelte Demonstrationen.
Auslöser der Unruhen sind Preiserhöhungen von Grundnahrungsmitteln (Weizen ->Brot) sowie Wasser und Energie. Der Brotpreis in Beira ist in den letzten Wochen bereits von 5 Metical auf 6 gestiegen - vermutlich wird er bald auf 7 weiterklettern. Dies klingt nicht viel, sind aber prozentual gesehen doch fast 40%.
Nachdem die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ohnehin schon an der Existenzgrenze lebt, wird es für sie jetzt noch schwieriger die Familien zu ernähren.

Die Polizei ist inkompetent und - so das Zitat eines Beamten - "...als dann die Gummigeschosse ausgingen, haben wir halt scharfe Munition verwendet...".
Dass dann zufällig ein 12jähriger in die Bahn einer Kugel kam und einen tödlichen Kopfschuss erlitt wird vermutlich ebensowenig Folgen für die Exekutive haben wie bei den Ausschreitungen im Jahr 2008 (damals haben die Menschen wegen der Erhöhung der Treibstoffpreise demonstriert, wobei es zu 6 Todesopfern gekommen ist). Alle Untersuchungen zu den Zwischenfällen damals sind ohne Konsequenzen im Sande verlaufen.

In Beira gab es wie gesagt gestern auch Zwischenfälle. Heute waren wir Einkaufen und haben nichts mehr davon gesehen. Gestern wurden im Zentrum Chapas (Taxi-Busse) mit Steinen beworfen, heute wurde eine Nebenstraße im Vorort Inhamizua durch brennende Reifen abgesperrt, die Hauptstraße (und einzige Straße aus Beira raus) ist offen.

Wir wundern uns und diskutierten am Nachmittag über die Berichterstattung in den internationalen Medien. Es werden oft Begriffe wie Unruhen, Zwischenfälle, Ausschreitungen u.ä. verwendet, die in unserer Medienwelt einseitig mit gewalttätigen Bildern aufgeladen sind. Worum es hier geht, ist dass die Leute auf der Straße demonstrieren, weil sie tatsächlich (!) in ihrer Lebensgrundlage eingeschränkt werden. Die bereits beschriebene inkompetente und korrupte Polizei - allesamt nahe der Regierungspartei - tritt ihnen mit dem Vorsatz entgegen, hart durchzugreifen.

Wir sind zuversichtlich, dass sich die Situation bald wieder beruhigt. Und wie es schon Douglas Adams in seinem berühmtesten Roman "Per Anhalter durch die Galaxis" treffend ausgedrückt hat: "Don't panic!"


Liebe Grüße aus Beira,

Andreas & Iris

Endlich wieder einmal Bergluft atmen!

Eigentlich reden wir schon seit gefühlten Ewigkeiten von etwas mehr körperlicher Betätigung, aber seltsamerweise überträgt sich die Lethargie in der Arbeit auch auf den eigenen Bewegungsdrang. Nicht dass wir beide vor unserem Einsatz Hochleistungssportler gewesen wären aber raus in die Natur war uns schon immer wichtig. Jedenfalls hat sich endlich die Idee konkretisiert, quasi ins nächstgelegene Gebirge zu fahren – Serra Gorongosa.

Am Rand des nach österreichischen Verhältnissen wohl eher kleinen Gebirge beginnt der ebenfalls nach der Region benannten Gorongosa-Nationalpark, der ja quasi zu den Beira-Highlights gehört (obwohl fast 2,5 Autostunden oder 200 km entfernt – also wie wenn das Riesenrad am Prater zu den Highlights von Linz gehören würd oder so...).

Gemeinsam mit Djongue und zwei Kollegen aus Chimoio wollten wir das Wochenende am Berg verbringen. Normalerweise wäre die Anreise mit 2,5h nicht mehr der Rede wert, da wir es eh schon gewohnt sind weit zu fahren, aber diesmal kam uns noch eine Polizeikontrolle und ein Reifenplatzer dazwischen – somit fast 4,5h Fahrt...


Am Abend dann Nächtigung in einer kleinen Pension, morgendliche Rally durch den Markt um Wasser und Zigarette und wir habens dann tatsächlich um 9 morgens ins „Base-Camp“ geschafft. Die 10 km durch den Busch bringen einen gefühlte 100km in die Einsamkeit, von dort sind wir mit zwei Guides etwa eine Stunde zum Fuße eines sehr beeindruckenden Wasserfalls marschiert, wo wir unser Zeug abgeladen haben und weiter zum Gipfel gewandert sind. Die Wanderung rauf war ziemlich bezaubernd – auf den Fußpfaden durch Wald, Wiesen, Bächen und Feldern trafen wir immer wieder auf kleinere Ansammlungen von Hütten und Höfen. Einige Bilder dazu findet ihr auf Jalbum, unbedingt gleich mitgucken!

Nach insgesamt 3,5 h ging uns dreien (Iris, Nhica und mir) dann die Puste aus und wir drehten um. So konnten wir dann den Nachmittag noch gemütlich am Zeltplatz abhängen, uns eine Dusche unter dem Wasserfall genehmigen und mit einem der Guides quatschen.

Die Wanderführer kommen alle aus der Umgebung, und werden vom Vertreter des Nationalparks für ebendiese Touren angeheuert – eine gute Verdienstquelle für die von der Entwicklung vernachlässigten Bevölkerungsgruppen am Land.

Die Kollegen jedenfalls schafften es tatsächlich noch auf den Gipfel und bei Einbruch der Dunkelheit wieder zum Zeltplatz zurück – unser mosambikanischer Freund und Trommelbauer Djongue war höchstmotiviert, es unbedingt bis zum Gipfel zu schaffen.


Der Ausflug tat richtig gut, da es die Möglichkeiten in der mehr oder weniger näheren Umgebung um eine sehr reizvolle Angelegenheit erweitert.


Wir hoffen ihr habt auch ein paar schöne Wandererlebnisse im Herbst – der Sommer scheint ja schon wieder vorbei zu sein, was man so hört.......?


Liebe Grüße,


Andreas & Iris